Klinikvergleich DE/TH
Ist es fair, zwei Krankenhäuser miteinander zu vergleichen?
Ist es besonders dann noch fair, wenn eine Klinik ganz neu gebaut und konzipiert ist und das andere Krankenhaus schon 40 Jahre alt ist?
Und ist es auch dann noch fair, wenn sich das eine Krankenhaus in der Landeshauptstadt Niedersachsens befindet und das Vergleichskrankenhaus in der thailändischen Metropole Bangkok?
Wir haben daher mal bei den Geschäftsführungen von zwei Kliniken angefragt. Zum Einen fragten wir hier bei uns vor der Haustüre bei der Klinikum Region Hannover GmbH nach, die gerade ein neues Klinikum eröffnen. Zum Anderen fragten wir beim thailändischen Klinikbetreiber Bangkok Dusit Medical Service für einen Besuch am Bangkok Hospital an.
Zuvor hatten wir uns die beiden Kliniken einmal "privat" angesehen. Anschliessend haben wir jeweils um eine Führung gebeten.
In Hannover führte uns der Bereichsleiter Unternehmenskommunikation durch das neue Klinikum. In Bangkok wurden wir vom Marketingleiter und vom Direktor für Internationale Angelegenheiten durch die Klinik geführt.
Was uns bei den Besuchen der Kliniken aufgefallen ist, wurde den Betreibern dann schriftlich zugetragen und wir baten um eine Stellungnahme.
Antworten aus den beiden Geschäftsführungen:
Zitat Prof. Dr. T. Moesta - Siloah, Hannover:
"Herr M. hat mir Ihre Kommentare weitergeleitet. Ich habe diese tatsächlich mit großem Interesse gelesen. Allerdings werden wir in nur den allerwenigsten Ihrer Kommentare eine Abhilfe bzw. eine Verbesserung schaffen können.
[...]
In diesem Sinne, würden wir Sie bitten auch aus Ihrem Fokus zu entlassen."
Zitat Dr. C. Duangnet - CEO Bangkok Hospital Group:
"We welcome your interest in medical quality management and patient safety at Bangkok Hospital. Quality management and patient safety must be managed seriously, faithfully, and proactively to prevent and mitigate adverse events.
Risk management needs to include not only clinical aspects but also emotional affects.
I'm looking forward welcoming you at Bangkok Hospital."
Wir wurden im Jahr 2007 von ARTE begleitet...
In dieser von der Landeszentrale für politische Bildung des Landes NRW initiierten Dokumentation, die auf ARTE tv ausgestrahlt wurde, sind wir sind ab Minute 27 zu sehen.
Es gibt eindeutige Gründe,
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warum wir unsere Gäste (hier links) stets von | KRH-Kliniken gezielt fernhalten. | Ebenso war es u.a. auch bei Pierre Brice. |
"Krankenhaus der Zukunft"
Mit diesem Slogan wirbt die Betreibergesellschaft KRH GmbH auf ihrer Webseite für das neue Klinikum "Siloah" in Hannover.
So eine Aussage macht Mediziner weltweit neugierig und da auch wir weltweit in Krankenhäusern unterwegs sind, waren auch wir neugierig, was sich hinter einem solchen Slogan real verbergen mag.
Skeptisch machte uns bereits der Aussenanblick, denn eine solche Gebäudestruktur verspricht lange Wege und die KRH GmbH warb doch auch mit Aussagen wie "Klinik der kurzen Wege".
Wo wir schon mal "oben" sind...
Beide Krankenhäuser haben jeweils eine Hubschrauberlandefläche auf dem Dach.
Während man in Bangkok aufgrund des Mangels an Bodenfläche mit der Landefläche auf das Dach ausgewichen ist, so hat man dennoch darauf geachtet, dass es bei einem möglichen Unfall bei Start oder Landung zu einer geringstmöglichen Gefährdung für das Klinikgebäude kommt.
Anders ist es in Hannover. Hier hat man ausreichend Bodenflächen zur Verfügung, man hat aber dennoch das Dach als Landeplatz gewählt. Das alleine macht schon mal einen Kostenunterschied von etwa 1,3 Mio €, denn während man einen Landeplatz auf dem Boden für 200.000 bis 250.000 € baut, kostet eine Version auf dem Dach mindestens 1,5 Mio €.
In Bangkok war man zur Dachlandeversion gezwungen, man hat aber dennoch die Kosten und die Sicherheit im Blick gehabt und nicht auch noch ein zusätzliches Start-/Landehindernis in Form eines teuren Aufzugs hinzugebaut, sondern vielmehr eine Rampe errichtet, die viel günstiger und im Vergleich zu einem Aufzug sogar noch wartungsfrei ist. Daneben kann man über die Rampe auch jederzeit mit einem Bett oder Rollstuhl von A nach B kommen. Mal ganz abgesehen davon, das kein Arzt gerne mit einem schwerkranken Patienten in einem Fahrstuhl unterwegs ist.
In Hannover hingegen hat man sich für die zusätzlich sehr teure Version eines Fahrstuhls entschieden und daneben keine andere Möglichkeit geschaffen, einen liegenden oder sitzenden Patienten von der Landeplattform ins Krankenhaus zu transportieren.
In Hannover zeigen sich im Vergleich dazu noch weitere Probleme:
- bei einem potentiellen Unfall fallen Gegenstände zu 100% auf Bereiche des Krankenhausgebäudes, denn die Landeplattform wurde hier in der Mitte des Gebäudes platziert und so ist 360° um die Landeplattform herum Klinikgebäude. In Bangkok sind es lediglich 90°,
- um die Landeplattform herum wurden auf den Dächern der Klinik Kieselsteine abgelegt, die durch Winde des Hubschraubers weggeweht und dann zu 100% auf Fassaden und Dächer des Krankenhauses aufschlagen werden,
- in Hannover hat man zudem völlig auf Geländer verzichtet, was für Menschen besonders in der windigen und frostigen Jahreszeit lebensgefährlich sein kann,
- durch die Position der Landeplattform in Hannover ist es Rettungskräften besonders erschwert worden, im Notfall oder bei einem Unfall die Plattform zu erreichen.
Im Vergleich dazu das Helipad in Bangkok:
Eine Frage stellt sich in Hannover ganz besonders.
Warum eine derart teure, gefährliche und bedrohliche Anschaffung auf dem Dach, wo die kommunalen Betreiber und die Krankenhausgesellschaften in Niedersachsen über Geldmangel klagen und hierzu erst vor wenigen Wochen eine spezielle Kampagnen gestartet haben > 2Drittel ?
In Bangkok hat man kosteneffektiv agiert, obgleich dort der Rettungshubschrauber täglich mehrfach landet und startet.
Patientensicherheit & Evakuierung
Wer als Patient in ein Krankenhaus geht, muss damit rechnen, dass es im Rahmen einer Behandlung für ihn zu Mobilitätseinschränkungen kommen kann (man muss beispielsweise nach einer Operationen im Bett liegen, oder man kann ein paar Tage nicht laufen und ist auf den Rollstuhl angewiesen, oder aber man liegt mit einer Narkose auf dem OP-Tisch).
Was ist, wenn dann etwas passiert, z.B. ein Feuer ausbricht? Im Fahrstuhl hängt ein Schild "Im Brandfall nicht benutzen".
Oder während der OP passiert etwas unvorhergesehenes und man muss den Patienten mit dem Hubschrauber in eine Spezialklinik bringen - aber genau dann wird gerade der Helipad-Fahrstuhl gewartet.
Wie rollt man den Patienten in diesem Fall zum Hubschrauber?
Durch die Treppenhäuser des Klinikgebäudes kann man Liegendpatienten, Rollstuhlfahrer und Leute mit Rollatoren nicht evakuieren oder transportieren. Eine Rampenanlage gibt es aber nirgendwo im Siloah.
Die Treppenhäuser im Siloah sind schon bei Normalbeleuchtung insbesondere für ältere und unsichere Menschen ein Problem. Von der Farbgestaltung, über die Stufenbreite, die Geländerauswahl, bis hin zur Wahl des Bodenbelages hat man offensichtlich nicht wirklich nachgedacht. Schon am Tag der offenen Türe hatten viele Besucher hier Probleme und da gab es keine Angst und Hektik, wie sie in einem Notfall vorherrschen würde.
Auch hier stellen wir uns die Frage, wie diese Rettungswege von den zuständigen Stellen her abgenommen worden sein können (oder nimmt man hier ein "zweites Duisburg" in Kauf?).
Im Bangkok Hospital hat man neben Rampen und Brücken auch sehr viele Rolltreppen ins Gebäude eingebaut, welche selbst bei einem Stromausfall weiterhin als Fluchtwege genutzt werden können und so in offenen Bereichen mit Blick auf die Umgebung die Fahrstuhlwege ersetzen.
Diese offene Wegführung ist stets auch eine Orientierungshilfe für Patienten und Besucher, was in Bangkok als sehr wichtig angesehen wird, schliesslich hat man hier pro Tag über 2.000 ambulante Patienten zu behandeln. Das ist eine Anzahl, die im Siloah schon alleine durch die enge Einbahnstraßenzufahrt nicht zu schaffen wäre.
Zufahrtswege für ambulante Patienten und Besucher:
Multikulti - oder "Das Sprachenproblem"
Hannover gibt sich als Multikulti-Stadt und hat einen hohen Anteil von Mitbürgern mit Migrationshintergrund, sowie auch einige internationale Touristen und internationale Messen. Würde man dieses Wissen als kommunaler Träger eines Krankenhauses nicht umsetzen und dann die Beschilderung in einem neuen Krankenhaus auch multikulturell, oder zumindest aber barrierefrei auch für Sehbehinderte gestalten?
Sorry, aber das wurde im neuen "Krankenhaus der Zukunft" vergessen, oder man war noch in der Vergangenheit...
Weder an Besucher/Patienten mit eingeschränktem Sehvermögen, noch an anderssprachige Besucher und Mitbürger hat man gedacht.
"Hotelkomfort auf hohem Niveau"
Auch diesen Satz führt die KRH auf der Webseite des Klinikums Siloah an. Aber mal ehrlich, was für ein Hotel soll das sein, welches nur in deutscher Sprache agiert? Wo ist dabei das "hohe Niveau" zu finden? In den Patientenzimmern vielleicht?
Ok, dann schauen wir mal rein:
"Hotelstandard auf hohem Niveau" sieht gewiss anders aus.
Die Zweibett-Zimmer haben nicht mal ausreichend Platz für Rollstuhlfahrer.
Wenn beide Patienten in ihrem Bett liegen und die Arme zur Seite ausstrecken, können sie beim Schlafen "händchenhalten". So nah möchte sicher kein Patient neben einem fremden Menschen genesen - insbesondere nicht in der Husten- und Schnupfenzeit.
Auch das Bad ist derart klein und bietet weder Ablagefläche am Waschbecken (was besonders weibliche Patienten sehr zu schätzen wissen werden), noch sind die kleinen Keimbrutschränke, oder die "sehr hygienischen und einfach zu reinigenden Duschvorhänge" als gut zu bewerten, ganz abgesehen von den viel zu tief angebrachten Toiletten...
Während in nahezu jedem Haushalt die Fernseher immer größer werden und die Menschen ohne ihr Smartphone gar nicht mehr denken können, wird im Siloah auf kleine Bildschirme gesetzt und ein Handyempfang ist meist gar nicht möglich.
Nun aber mal ein Direktvergleich:
Thema: | Siloah/Hannover | Bangkok Hospital/Thailand |
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Anzahl Betten: | 535 | 536 |
Stationäre Pat./Jahr: | 27.700 (2013) | 26.213 (2013) |
Zimmerbelegung: | 1-, 2-, + 4-Bettzimmer | nur Einzelzimmer (auch auf der Intensivstation) |
elektrisch verstellbare Betten: | gegen Aufpreis | nur elektrisch verstellbare Betten vorhanden |
Zusatzleistungen (Bademantel, Hausschuhe, Badartikel,...): | gegen Aufpreis | Schlafanzüge, Bademäntel, Hausschuhe, Badartikel, täglicher Wechsel der Bettwäsche, Tischdecken, Blumendeko,..., inkusive |
Quadratmeter pro Patient im Patientenzimmer: | 12qm - 25qm + (Gemeinschafts-)Bad | mindestens 25qm + eigenes Bad |
Bad: | sehr eng, mit zu niedrig angebrachter Toilette, mangelnde Ablagefläche am Waschtisch und unhygienisches Duschvorhangsystem | ausreichende Ablageflächen, edles Design und glasumschlossene, ebenerdige Dusche |
Speisenangebot: | 1 bis 3 versch. Mahlzeiten am Mittag | 5 verschiedene Gerichte pro Mahlzeit |
TV: | ~9-Zoll-Bildschirm gegen Gebühr | 32-Zoll-Flatscreen kostenfrei |
Internet: | gegen Gebühr | W-Lan kostenfrei + PC-Lounge im Stationsbereich kostenfrei |
Telefon: | Bereitstellung gegen Gebühr (privater Handyempfang nicht gewährleistet) | kostenfreie Bereitstellung (zudem ist privater Handyempfang im Stationsbereich gewährleistet) |
Beschilderung und Unterlagen: | nur Deutsch | Thai, Englisch, Arabisch, Japanisch und Patienteninformationsunterlagen in über 28 Sprachen (inkl. Deutsch) |
Wegweiser für Sehbehinderte: | nein | vorhanden |
Patientenservice bei Ankunft: | an 4 Tagen pro Woche für jeweils 2 Stunden | an 7 Tagen für je 24 Stunden (inklusive kostenfreie Dolmetscher für über 28 Sprachen - inkl. Deutsch) |
Patientenevakuierungssystem: | nicht vorhanden | auf allen Stationen und in allen Behandlungsbereichen implementiert |
geschlechterberücksichtigendes u/o religionsakzeptierendes Patientenhandling: | in sensiblen Bereichen nicht berücksichtigt | in allen Bereichen implementiert |
OP-Schleusensystem: | Ein- und Ausgang über selben Flur | Einbahn-Infektionsschutz |
Klinik eröffnet: | 2014 | 1972 |
Auf die kulturellen und geschlechtlichen Besonderheiten nimmt man im Siloah gar keine Rücksicht. Im "OP-Ein- und Ausleitungsraum" werden alle Patienten in einem großen Saal betreut.
Da liegt man dann im OP-Hemdchen geschlechtergemischt zusammen und kann nebenher seine Keime austauschen. Im OP selbst hat man auch feste Schränke einbauen lassen - was aus infektiologischer Betrachtung heraus sehr ungünstig ist. Hier wird man sicher in ein paar Wochen bereits gefährliche Keimkulturen in den Ecken finden.
Der hier geschaffene "Standard" ist aus der Sicht eines medizinischen Qualitätsmanagements ein "No-Go".
Wir könnten das "Siloah" selbst mit einem Dschungelkrankenhaus im östlichen Indonesien vergleichen und es würde schlechter abschneiden - zumindest aus Sicht der Patientensicherheit und des Qualitätsmanagements.
Aus diesen angeführten Gründen, vor Allem aber auch begründet in der ablehnenden Haltung der Klinikleitung des Siloah, werden wir selbst unter den gegebenen Umständen nie Patient im Siloah werden und werden es unseren Gästen auch gegenwärtig nicht empfehlen, vielmehr im Fall der Fälle von einem geplanten Aufenthalt im Siloah abraten.
Eine Hoffnung haben wir noch:
Vielleicht wird der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikbetreibers reagieren, der Regionspräsident Hauke Jagau, dem wir unsere Erkenntnisse zugetragen haben.
Der Geschäftsführung der Klinikum Region Hannover GmbH, insbesondere Herrn Prof. Moesta, können wir auf diesem Wege nur wie folgt antworten:
Wir haben während wir von Ihrem Bereichsleiter Unternehmenskommunikation freundlicherweise durch das neue Klinikum geführt wurden, diesem in einem aufgeschlossenen, konstruktiven und sehr netten Gespräch bereits zugetragen, dass es sehr wohl Lösungen gibt, welche wir kollegial gerne kostenfrei vorstellen würden. Nur weil Sie die Lösungen nicht haben, ist das nicht im Umkehrschluss der Weisheit letzter Schluss.
Dankeschön ans Bangkok Hospital Team!
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Herzlichen Dank an Dr. Chatree Duangnet und sein Team | Danke auch an das Team von Bangkok Helicopter Services |
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Jedes Dschungelkrankenhaus bietet aus infektiologischer Betrachtung heraus mehr Sicherheit als das Siloah! |
Selbstdarstellung KRH 28.10.2014
Fair ist dieser Vergleich nicht gewesen, das ist uns klar geworden. Denn während in Thailand im direkten Vergleich mehr Qualität, mehr Offenheit und mehr Patientensicherheit geboten wird und dabei noch Gewinne generiert werden, sind unsere Steuergelder in ein "krankes Haus" verbaut worden, welches offensichtlich einen positiven Zweck derart nicht erfüllen wird können...
(13.09.2014 - tho - letztes Update: 28.10.2014)