Änderung des Infektionsschutzgesetzes IfSG

Der falsche Weg zum Ziel.

Wir haben unser Ziel erreicht, aber der Weg dorthin war der falsche

Voraussichtlich zum 01.01.2019 tritt das IfSG Infektionsschutzgesetz in einer neuen Fassung in Kraft und ist damit als Bundesgesetz für alle Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland verbindlich.

Letztmalig wurde das Gesetz im Juli 2017 verändert. Dabei blieb unsere seit 2015 eingebrachte Gesetzesänderungsinitiative unberücksichtigt, da man unsere wissenschaftlichen Belege nicht verstanden hatte.

Ein Bundestagsabgeordneter, den wir bereits 2015 zum Thema angeschrieben hatten und der unsere Änderungsforderung in das zuständige Referentengremium 2017 brachte, konnte dieses „Unverständnis der Fachleute“ nicht verstehen und er bemühte sich erneut.

Diesmal wurde zur Begründung unserer wiederholten Gesetzesänderungsinitiative nicht wissenschaftlich, sondern umgangssprachlich argumentiert und lediglich die Frage vorgebracht:

„Die Tuberkulose ist eine hochansteckende Erkrankung, bei der schon 10 Erreger zu einer Infektion führen können. Das IfSG soll Menschen vor Ansteckungen mit Tuberkulose schützen und zu einem Infektionsausschluss muss auf eine Röntgenuntersuchung zurückgegriffen werden.
Denken Sie, sie können mit ihrem besten Fotoapparat zuhause ein Bakterium auf einem Foto sichtbar ablichten?
Der Erreger der Tuberkulose hat eine Größe von bis zu 0,0005mm x 0,004mm!
Denken Sie, die Auflösung eines Röntgenbildes würde dieses darstellen können? Zudem handelt es sich beim Röntgenbild um ein Schwarz-Grau-Weiß-Bild und der Tuberkuloseerreger ist nur eingefärbt sichtbar.
Denken Sie nun nicht vielleicht doch noch einmal darüber nach, die geforderte und wissenschaftlich begründete Gesetzesänderung in Betracht zu ziehen?“

Diese einfache Frage führte dazu, dass man im Referentengremium nun plötzlich verstanden hatte, worum es bei unserer Nachbesserungsinitiative bisher ging.
Also wurde der Gesetzestext nun entsprechend unserer Forderungen nachgebessert. Und so sieht die Änderung des Referentengremiums gegenwärtig aus:

Artikel 6
Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Das Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2615) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 36 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 4 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 3 werden nach dem Wort "Lunge" die Wörter "oder auf eine andere von der zuständigen Behörde zugelassene Untersuchungsmethode" eingefügt.
bb) In Satz 4 werden die Wörter "dass nach sonstigen Befunden" durch die Wörter "mit dem durch eine andere von der zuständigen Behörde zugelassene Untersuchungsmethode nachgewiesen wird, dass" ersetzt.

Zu Nummer 1
(§ 36 IFSG)
Zu Doppelbuchstabe aa
Künftig soll es der zuständigen Behörde nach § 54 IfSG möglich sein, (auf Grundlage von Empfehlungen des RKI und von Fachgesellschaften) anzuordnen, dass das vorzulegende ärztliche Zeugnis sich nicht mehr ausschließlich auf eine erstellte Röntgenaufnahme der Lunge stützen muss, sondern auch andere Untersuchungsmethoden zulässig sein können. Damit können in Zukunft auch latente Infektionen (also akut nicht ansteckungsfähige, aber ggf. im Laufe des Lebens sich zu aktiven Infektionen entwickelnde) Lungentuberkulosen nachgewiesen und ggf. behandelt werden.

Der Weg.

Diese Änderung umfasst unsere seit drei Jahren wiederholt vorgebrachte Forderung, zum Infektionsausschluß einer Tuberkulose "nicht mehr auf eine Röntgenuntersuchung zurückgreifen zu müssen".

Diese Forderung mit wissenschaftlichen Erklärungen und Belegen versehen, hatten wir seit 2015 wiederholt an zuständige Landesministerien und Bundesbehörden gesandt. Ohne Erfolg!

So wir denn überhaupt eine Reaktion darauf erfahren durften, waren es lediglich Verweise auf andere Behörden und Institutionen, welche doch alles wissen würden.
Weder der seinerzeit amtierende Gesundheitsminister Gröhe, wie auch sein Nachfolger Jens Spahn, hatten Zeit oder Muße für ein Gespräch mit uns.

Daneben wandten wir uns wiederholt an Landespolitiker aller Parteien in Niedersachsen (ausser der AfD), von wo wir lediglich der CDU eine Rückmeldung und Gesprächsbereitschaft erhielten. In Niedersachsen ist das Ressort "Gesundheit" unter der Fühung der SPD. Auch die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe in Niedersachsen, Frau Doris Schröder-Köpf, hat sich eines Gespräches mit uns wiederholt verweigert. Eine kleine Anfrage im Landtag im Oktober 2015 durch die CDU führte leider nicht zum Erfolg. Auch das nachfolgende Medieninteresse wurde mißachtet.

Nach den Wahlen in Niedersachsen im Jahr 2017 baten wir wiederholt im Ministerium des Landes Niedersachsen und bei den hier regierungsbeteiligten Parteien (ausser der AfD) um einen Termin zu einem Gespräch zum Thema. Lediglich die CDU des Landes Niedersachsen war gesprächsbereit, aber auch sie konnte nachfolgend das SPD-geführte Ministerium in Niedersachsen nicht zu einem gemeinsamen Gespräch motivieren.

In der gegenwärtig noch gültigen Fassung des Infektionsschutzgesetzes IfSG steht:

Infektionsschutzgesetz §36, Abs. 4:
„Personen, die in ein Altenheim, Altenwohnheim, Pflegeheim oder eine gleichartige Einrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 bis 5 des Heimgesetzes oder in eine Gemeinschaftsunterkunft für Obdachlose, Flüchtlinge, Asylbewerber oder in eine Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes für Spätaussiedler aufgenommen werden sollen, haben vor oder unverzüglich nach ihrer Aufnahme der Leitung der Einrichtung ein ärztliches Zeugnis darüber vorzulegen, dass bei ihnen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ansteckungsfähigen Lungentuberkulose vorhanden sind.
Bei Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge, Asylbewerber oder in eine Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes für Spätaussiedler muss sich das Zeugnis bei Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, auf eine im Geltungsbereich dieses Gesetzes erstellte Röntgenaufnahme der Lunge stützen; bei erstmaliger Aufnahme darf die Erhebung der Befunde nicht länger als sechs Monate, bei erneuter Aufnahme zwölf Monate zurückliegen. Bei Schwangeren ist von der Röntgenaufnahme abzusehen; stattdessen ist ein ärztliches Zeugnis vorzulegen, dass nach sonstigen Befunden eine ansteckungsfähige Lungentuberkulose nicht zu befürchten ist“

Frust

Evidenzbasierende Daten als Argument für eine Problembeschreibung sollten doch in unserer heutigen Zeit Anerkennung finden, dachten wir.
Die mit teilweise sehr dummen Ablehnungsgründen versehenen Rückmeldungen aus der Politik, dem Gesundheitsministerium Niedersachsen und von der Beauftragten für Migration und Teilhabe in Niedersachsen, zehrten an unseren Nerven. Manch ein Landespolitiker in Niedersachsen bekam dieses von uns in der Folge auch oft unverblümt zugetragen (Sorry, das war nicht fair von uns!). Wir hatten dabei jedoch stets vornehmlich die Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung und der zu Untersuchenden im Fokus.
Das entschuldigt unser Agieren jedoch nicht!

Wir agierten auf zwei Gleisen


Die Landespolitik in Niedersachsen war für uns stets nur ein "lokales Gleis", denn die von uns vorgebrachte Problematik betraf die gesamte Republik.
Daher hatten wir uns auch an zuständige Bundesbehörden mit unserem Anliegen gewandt.
Das Robert Koch Institut als Bundesbehörde reagierte wiederholt nicht.
Von uns angeschriebene Mitglieder des Bundestages (CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Die Linke) waren ebenso vornehmlich dezent zurückhaltend.

Einer jedoch nahm sich des Themas an. Dankeschön dafür, Herr Gysi.

Und eine weitere Person nahm sich gleichsam Zeit für unser Thema. Auch Ihr gilt unser besonderer Dank. Dankeschön, Frau Bundeskanzlerin!

Fazit:

Landesbehörden, Länderministerien, Landespolitiker, Bundesbehörden und Ministerien des Bundes sind für den einzelnen Bürger unerreichbar.
Nur durch den direkten Kontakt zu einem Mitglied des Bundestages und zur Bundeskanzlerin, welche beide das Problem unmittelbar nachvollziehen konnten und welche die Strukturen der Landes- und Bundespolitik kennen, konnten wir unser Ziel erreichen.

Aber eben dieses ist der falsche Weg!

Behörden und Ministerien, welche den einzelnen Bürger nicht mehr wahrnehmen und sich aktiv einer zuständigen fachlichen und sachlichen Kommunikation verweigern, sind eine Gefahr für unsere Demokratie und die Sicherheit in diesem Land.

Die Bundesbehörden und die Landesbehörden in Niedersachsen und den verbleibenden Ländern, werden nun per Bundesgesetz ab dem 01.01.2019 gezwungen, nach unseren Empfehlungen zu agieren.

So haben wir das nicht gewollt! - Wir wollten, dass sie verstehen was sie tun und nicht das sie zum Tun verpflichtet werden, ohne zu verstehen warum...

(04.09.2018 - tho; letztes Update: 20.09.2018 - tho)