Thema: Luft im Flugzeug

Jedes Jahr betreten über 100 deutsche Passagiere ein Flugzeug und sterben in Folge des Fluges.
Was ist hierbei der Hauptgrund für diese Todesfolgen?

Die Sicherheit der Menschen beim Fliegen hängt von den Piloten, der Kabinencrew, den Technikern, dem Flughafen- und Sicherheitspersonal, sowie den Fluglotsen ab. Hier kann ein Passagier so gut wie keinen Einfluss nehmen.
Aber es ist relativ unbekannt, dass pro Jahr, vor allem bei Fernflügen, einige hundert Deutsche auf Grund gesundheitlicher Probleme ihr Leben verlieren.
Eine Reihe von Faktoren, die zu gesundheitlichen Schäden bis hin zum Tod führen können, lassen sich durch vernünftiges und aufgeklärtes Handeln größtenteils vermeiden.
Dabei bestehen die Hauptursachen für gesundheitliche Schäden beim Fliegen - von Unfällen abgesehen - im Wesentlichen im Auftreten von Thrombosen und in Problemen auf Grund der Luftverhältnisse an Bord, vor allem dem erniedrigten Luftdruck.

Der Luftdruck

Der Luftdruck, also die Kraft der über der Erde liegenden Lufthülle pro Fläche, beträgt im Mittel auf der Erdoberfläche 1,013 bar.
Dabei wird ein Druck von 1 bar durch eine Kraft von 100.000 Newton (N) auf einer Fläche von 1m2 erzeugt.

Es sei erwähnt, dass in der Medizin der Blutdruck oft noch immer in Millimeter Quecksilber (mmHg) gemessen wird. Dabei gilt:
1 bar = 750 mmHg (Torr)

Der mittlere Luftdruck in Meereshöhe rechnet sich dann wie folgt um:
1,013 x 750 mmHg = 760 mmHg.

Aus technisch-wirtschaftlichen Gründen herrscht in Flugzeugen bei Langstreckenflügen, also in Höhen zwischen ca. 10.000 m und 13.000 m ein Druck, der dem in einer Höhe von ca. 2.000 m bis 2.500 m entspricht. Geht man beispielsweise von einem Druck entsprechend einer Höhe von 2.000 m aus, dann herrscht somit in der Maschine ein Druck von rund 0,6 bar

Potentielle Probleme

Aufgrund des erniedrigten Drucks in den Flugzeugen wird dem Körper pro Atemzug weniger Sauerstoff zugeführt als auf der Erdoberfläche.

Für gesunde Menschen ist dieser Unterdruck praktisch kaum merkbar, vor allem auch deshalb nicht, da während eines Fluges praktisch keine körperlichen Arbeiten erforderlich sind. Ausgenommen davon sind möglicherweise beim Start und der Landung Druckgefühle in den Nasennebenhöhlen sowie in den Ohren, bis hin zu leichteren Kopfschmerzen.
Passagiere mit Lungen-Ventilationsstörungen, mit einem gestörten Sauerstofftransfer oder einer Anämie können jedoch aufgrund des verringerten Sauerstoffpartialdrucks hypoxisch werden. Unter Hypoxie versteht man eine Erniedrigung des Sauerstoffpartialdrucks im arteriellen Blut bzw. eine verminderte Sauerstoffversorgung des gesamten Organismus oder einzelner Organe.

Auch Passagiere mit einer pulmonalen Hypertonie, also einem erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf, sowie mit einer Herzinsuffizienz, sind gefährdet.
In diesen Fällen sollte vor einem längeren Flug unbedingt ein Arzt zu Rate gezogen werden. Falls erforderlich, kann dem betroffenen Passagier z.B. während des Fluges sogar eine Sauerstoffflasche zur Verfügung gestellt werden.
Nach allgemein-chirurgischen Eingriffen, besonders aber nach Eingriffen an den Augen und im HNO-Bereich kann es aufgrund der Druckdifferenz der Nasennebenhöhlen zum Flugzeuginneren zu Problemen, vor allem starken Schmerzen, kommen.
Infekte der oberen Luftwege sowie ein Ileus, also eine Störung der Darmpassage, können ebenfalls zu Beschwerden führen.

Tauchen

Menschen, die unmittelbar nach einem Tauchurlaub ein Flugzeug besteigen, sind in einem erheblichen Maß von der Caissonkrankheit betroffen. Diese ernste Erkrankung hat ihre Ursache in einem zu schnellen Ausperlen des unter erhöhtem Wasserdruck im Organismus gelösten Stickstoffs.

Um derartige, möglicherweise dramatische Folgen, zu vermeiden, ist es unerlässlich, sich vor dem Rückflug in entsprechenden Tauchtabellen über die notwendigen Erholungszeiten zu informieren. Im Zweifel muss der Flug verschoben werden, oder vernünftigerweise der letzte Tauchgang entsprechen vorgeplant werden oder ausfallen.

Jetzt wird's technisch...

Die Luft für den Innenraum eines Flugzeugs wird im Prinzip aus den Turbinen - natürlich vor der Verbrennung - komprimiert und durch Filter, u.a. vom Ozon gereinigt, in das Flugzeuginnere geblasen.

Die verbrauchte Luft "verlässt" das Flugzeug aus an den Fensterseiten im Boden befindlichen Luftschlitzen. Die Luft im Inneren der Flugzeuge wird in Abhängigkeit vom Flugzeugtyp im Mittel 30 mal pro Stunde ausgetauscht. Ein Teil der verbrauchten Luft wird jedoch nicht nach außen befördert sondern nach einer speziellen Aufbereitung wieder in die Maschine geblasen. Das Verhältnis zwischen frischer, also von außen eingeblasener Luft, zu aufbereiteter Luft beträgt etwa 60% zu 40%.

Bei allen zurzeit im Verkehr befindlichen Anlagen für die Luftversorgung der Passagiere von Flugzeugen wird eine Luftfeuchtigkeit von ca. 10% erreicht. Das bedeutet, dass die Passagiere, und natürlich auch die Crew, extrem trockene Luft einatmen. Die Temperatur in der Maschine beträgt dabei zwischen 18° und 21° Celsius. Es sei erwähnt, dass die Luftfeuchte in den gemäßigten Zonen, wie den USA oder Mittel- und Nordeuropa, üblicherweise mehr als 60% beträgt.

Zu trockene Luft kann u.a. folgende Auswirkungen haben:

  • trockene Haut
  • trockene Schleimhäute von Mund, Nase und Augen
  • aufgrund der trockenen Schleimhäute Atem- und Schluckbeschwerden
  • vermehrter Flüssigkeitsverlust vor allem über die Atmung
  • schmerzhafte Augen

Um diese Probleme zu vermeiden, ist es empfehlenswert, während des Fluges viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Möglichst mehr als das eigene Durstgefühl fordert.

Krankheitserreger in der Luft

Aufgrund der Tatsache, dass rund 40% der aktuell in einer Flugzeugkabine vorhandenen Luft "verbraucht" und wiederaufbereitet ist, ist es nicht zu vermeiden, dass sich in der Luft befindliche Keime in der gesamten Maschine ausbreiten können. Das Risiko, sich auf diese Weise eine Infektion zuzuziehen ist allerdings sehr gering (obwohl immer wieder von auf diese Weise ausgelösten Infektionen, wie z.B. von Tuberkulose und grippalen Infekten berichtet wird).

Bei immun-geschwächten Patienten kann es jedoch zu Problemen kommen. Im Zweifel sollte hier vor einer Flugreise ein Arzt konsultiert werden. Eventuell kann hier schon ein einfacher Mund- Nasenschutz in Erwägung gezogen werden.

Natürlich sollten Menschen, die an infektiösen Erkrankungen leiden die über die Luft übertragbar sind, aus Rücksicht auf ihre Mitmenschen auf Flugreisen verzichten oder zumindest dafür sorgen, dass andere nicht gefährdet werden können.

Besonders sorgfältig sollten Organtransplantierte eine Flugreise planen

Plötzlicher Druckabfall

Aus verschiedenen Gründen kann es in der Kabine eines Flugzeugs zu einem (plötzlichen) Druckabfall kommen. In größeren Höhen muss in einem solchen Fall mit schweren Folgen bis hin zum Tod der Passagiere und der Crew gerechnet werden.

Aus diesem Grund besitzt jedes Flugzeug eine von der sonstigen Luftversorgung unabhängige Luftversorgung. Diese Luft besteht zu einem hohen Anteil aus reinem Sauerstoff. Bei einem Luftdruckabfall fallen dazu spezielle Masken, die sich über den Passagiersitzen befinden, automatisch heraus. Ihre Benutzung und Funktion wird vor jeden Flug von der Crew, bzw. oft auch über Monitore, für die Passagiere demonstriert.

In der folgenden Tabelle ist dargestellt, welche Zeit einem Menschen nach einem plötzlichen Druckabfall im Mittel noch verbleibt, um in der angegeben Höhe noch aktionsfähig zu bleiben.

Flughöhe in m Zeitspanne um angemessen zu agieren
7.000 5 Minuten
8.000 3 Minuten
9.000 1,5 Minuten
10.000 1 Minute
11.000 36 Sekunden
12.000 30 Sekunden

Bleibt eine Person länger als die angegebene Zeit ohne zusätzliche Sauerstoffversorgung, wird die Person ohnmächtig und verstirbt möglicherweise.
Die dargestellten Zeiten sind nur Mittelwerte, wie sich z.B. an dem Bergsteiger Reinhold Messner zeigt, der ohne zusätzliche Sauerstoffversorgung den Mount Everest (8.848 m) bestieg. Nach einer Neuvermessung sollen es sogar 8.872 m sein.

Die Vorstellung mancher Menschen, dass auf Grund des Druckabfalls der Mensch sozusagen platzen könnte, ist zudem falsch.
Selbst bei einem völligen Druckabfall in einer Raumkapsel im Weltall, also bei einem Umgebungsdruck von 0 bar, dehnt sich die betroffene Person zwar etwas aus, aber selbst ohne die Zufuhr von Luft bzw. Sauerstoff besteht auch hier bis zu ca. 2 Minuten eine Überlebenschance und die eingetretenen Schäden bilden sich später, gegebenenfalls nach einer Behandlung in einer Überdruckkammer, wieder zurück.

Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die im Blut und anderen Körperflüssigkeiten gelösten Gase sehr schnell ausgasen können, was u.a. zu lebensbedrohlichen Embolien führen kann. Dieser Vorgang wird als Ebullismus bezeichnet und ist vom Tauchen her als Caissonkrankheit bekannt.

Wasser, und damit auch unser Blut, erreicht bei 37° Celsius seinen Siedepunkt bei einem Druck von ca. 47 mmHg = 0,06 bar, was einer Höhe von rund 19.000 m entspricht. Aber auch dann wandelt sich das Blut nicht in den gasförmigen Zustand um, sondern verbleibt auf Grund der Gefäßelastizität, wie Wasser in einem Überdruckkochtopf, im flüssigen Zustand!

Für die Piloten besteht dennoch die strikte Anweisung, in einem derartigen Fall, u.a. wegen der beschrieben Gefahr der Ausgasung der normalerweise gelösten Gase (Caissonkrankheit), sofort in niedrigere Höhen abzusinken.

Fazit

Wie bei allen reisemedizinischen Problemen, handelt es sich also vornehmlich um eine besondere Gefahr für Personen mit Vorerkrankungen. Der „normal Gesunde“ hat hier nichts zu befürchten. Der „Vorerkrankte“ hat daneben seinen Arzt, der ihr/ihm hier gewiss gerne gefahrenreduzierende Tipps und Hinweise geben wird – wenn man nur fragt…


(21.02.2017 - tho)