Krankenhaus, aber welches ist gut?
Wohin, wenn man im Ausland med. Hilfe braucht?
Natürlich ins nächstgelegene Krankenhaus!
Aber wohin, wenn man für eine medizinische Behandlung ins Ausland möchte?
Hier eine Dokumentation aus dem Jahr 2007, über eine Deutsche, die in Asien eine medizinische Behandlung durchführen lassen wollte. (Wir sind ab der 27. Minute zu sehen)
Destination: Bangkok
Die heute quirlige Hauptstadt Thailands wurde im Jahr 1782 gegründet und entwickelte sich innerhalb weniger Jahrzehnte zu einer modernen, kultivierten und aufregenden Metropole.
Neben etwa 400 glitzernden buddhistischen Tempeln, zahlreichen prachtvollen Palästen und einem Einblick in das Alltagsleben der Thai’s entlang der zahlreichen Kanäle seitlich des Königsflusses Chao Phraya, bietet Bangkok auch kosmopolitische Annehmlichkeiten.
Hierzu gehört ebenso eine moderne, qualitativ hochwertige und sichere medizinische Versorgung. Besuchen wir daher doch zusammen einmal eine Klinik in dieser lebendigen Stadt, in der etwa 15% der Gesamtbevölkerung Thailands lebt.
Wer die Stadt kennt, weiß, wie kompliziert sich bereits eine Taxifahrt hier gestalten kann. Also, wie kommt man überhaupt hin zum nächsten Krankenhaus der Stadt? Die Taxifahrer in Bangkok sprechen meist kaum Englisch, geschweige denn Deutsch. Und dass sich die thailändische Schrift von der unsrigen unterscheidet, wissen wir spätestens mit der Ankunft am Bangkok Airport.
Am Airport, in den modernen Shopping Malls oder in internationalen Hotels ist man stets hilfsbereit und schreibt einem freundlich fragenden Menschen die Zieladresse gerne in Thai auf einen Zettel, den man dann dem Taxifahrer geben kann.
Wie man eine Kommunikationshürde meistern kann, um zum Bangkok Hospital zu gelangen, haben wir damit schon geklärt und so steigt man nachfolgend vor einer großen Glastür am Bangkok Hospital aus dem Taxi. Durch diesen gläsernen Eingang gehen pro Tag durchschnittlich 2.300 neue Patienten.
Das 1972 eröffnete Krankenhaus hat heute 536 Betten, von denen 106 Intensivbetten sind.
Der Eingangsbereich ist sehr geräumig und erweckt den Eindruck eines Sternehotels mit den Blumendekorationen, schicken Sitzecken und mit klassischer Musik im Hintergrund – nicht etwa aus der „Konserve“, sondern live von einem Pianotrio. Es wirkt wie eine Ruheoase, nirgendwo Hektik oder Stress. Noch während man diese Atmosphäre aufnimmt und realisiert, wird man schon freundlich angelächelt und angesprochen – als Ausländer meist erst einmal in englischer Sprache. Ausgeschildert ist hier alles in Thai und Englisch, in vielen Bereichen auch in Arabisch und Japanisch.
Unmittelbar stehen Dolmetscher für über 20 Sprachen zur Verfügung und man hat zeitnahen Zugriff auf Dolmetscher für weitere 10 Sprachen. Die Kommunikation ist hier somit kein Problem mehr.
Wer als Notfall ankommt, wird sofort im direkt angrenzenden Notfallbereich behandelt. Wer hier im Bangkok Hospital einen Arzttermin hat, muss mit einer durchschnittlichen Wartezeit von unter 2 Minuten rechnen. Ja, es ist wahr, die Wartezeiten tendieren gen Null.
Realisiert wird dieses u.a. dadurch, dass den Patienten nicht mit vielen Worten ein Weg beschrieben wird, sondern man geleitet den Patienten zu seinem Ziel. Das spart nicht nur Zeit, vielmehr kann der Patient auf das bevorstehende Arztgespräch vorbereitet werden und das Mitführen von wichtigen Unterlagen und Dokumenten kann frühzeitig kontrolliert werden. Der Nebeneffekt, dass der Patient sich umsorgt und versorgt fühlt, ist zudem sehr förderlich.
Personaldichte
Im Bangkok Hospital gibt es mehr Ärzte als Pflegepersonal.
Von den knapp 1.000 Ärzten der Klinik, sind etwa 650 in Vollzeit beschäftigt. An Pflegepersonal sind es etwa 800 Vollzeitbeschäftigte im Bangkok Hospital.
Dieses medizinische Personal hatte im Jahr 2013 insgesamt 841.930 Patienten zu versorgen. Alleine die Urologie hatte davon 17.786 Patienten zu behandeln.
Der Anteil der ausländischen Patienten lag im vergangenen Jahr bei 207.802 Patienten. Davon waren 70.083 Expats und 137.719 „echte“ Ausländer aus insgesamt 150 Ländern.
Patientenversorgung
Diese Patienten, sowohl die stationären, wie auch die ambulanten, werden alle bis etwa 16 Uhr entsprechend versorgt.
Danach kehrt im gesamten Klinikum Ruhe ein und die Vorbereitungen für den nächsten Tag können gestartet werden.
Von Notfallbehandlungen abgesehen, herrscht dann auch Ruhe in den 16 OP’s.
Alle stationären Patienten sind in Einzelzimmern untergebracht, die ansprechend und sehr gut ausgestattet sind. Auf allen Stationen gibt es kleine Lounges mit Internetzugang, daneben werden zusätzliche Spa Anwendungen angeboten und die Patienten können die Zeit auch im Mall-Bereich verbringen, wo es neben Geschäften wie z.B. „Seven Eleven“, verschiedene Restaurants, Boutiquen und auch Starbuck’s, ein Museum und eine Konzertbühne gibt, auf der regelmäßig klassische Konzerte für Jedermann gespielt werden.
Aber man ist als Patient nicht auf die Restaurants angewiesen.
Pro Mahlzeit werden den stationären Patienten im Vorfeld 5 Gerichte zur Auswahl angeboten.
Medizinische Behandlungsqualität
Viele Jahre lebte und arbeitete ich im fernen Ausland, bevor ich im Jahr 2005 aus Deutschland heraus in das internationale medizinische Qualitätsmanagement wechselte. Es war ein Projekt unter der Schirmherrschaft der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Ziel war die Etablierung eines einheitlichen Mindeststandards in medizinischer Behandlung und Patientensicherheit in Krankenhäusern weltweit.
Deutsche Kliniken – bis auf eine Ausnahme – waren an einer Projektteilnahme nicht interessiert. Auch Ärztekammern in Deutschland sahen keinen positiven Nutzen und integrierten sich nicht in das Projekt.
Anderenorts bewertete man das Potential einer Projektteilnahme positiver und sehr schnell waren Krankenhäuser rund um den Globus involviert. Besonders junge Mediziner in den teilnehmenden Kliniken waren hochmotiviert. Die Klinikleitungen stellten uns ihre Kliniken „gläsern“ zur Verfügung, d.h. wir bekamen jederzeit Zugang und Einsicht in allen Bereichen des Klinkalltages.
Seither bin ich in der Welt unterwegs, von Venezuela über Brasilien bis nach Kuba, weiter u.a. über Malawi, Kenia, Ägypten, in den Irak, nach Indien, Singapur, Neuseeland, Indonesien und Malaysia, Japan und China, bis nach Thailand.
Das Bangkok Hospital war eine der Kliniken, die bereits sehr früh an einer Teilnahme interessiert war. Daher kenne ich die Klinik schon seit über 7 Jahren. Bei meinem ersten Evaluationsbesuch vor Ort hatte ich ein Fernsehteam dabei, das unsere Arbeit einmal begleiten wollte. Es sollte eine Dokumentation im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung NRW werden, welche nachfolgend auch auf ARTE gezeigt wurde.
Seit 2008 erhält das Bangkok Hospital jährlich von uns das „International Patient Safety Seal“ für ein realisiertes medizinisches Qualitätsmanagement (so wie viele andere Krankenhäuser auch).
Das Bangkok Hospital ist eine der modernsten und am besten ausgestatteten Kliniken weltweit. Aber eine moderne und hochtechnisierte Ausstattung ist noch lange kein Garant für eine gute medizinische Behandlung. Die meisten thailändischen Spezialisten der Klinik studierten in Singapur, Japan, den USA oder in Europa und bilden sich stetig weiter. Das Pflegepersonal ist so gut ausgebildet, dass bereits andere Länder das Ausbildungssystem übernehmen.
Die Arbeitsmotivation des gesamten Klinikpersonals ist überdurchschnittlich hoch. Man identifiziert sich als eine „Klinikfamilie“.
Das Qualitätsmanagement am Bangkok Hospital wurde in ein realisiertes QM gewandelt und die Erfolge sprachen sich auch schnell bis nach Deutschland herum. Auch wenn, wie bereits beschrieben, keine deutsche Einrichtung bei der Entwicklung eines derartigen internationalen Qualitätsstandards mitarbeiten wollte, so lud man nachfolgend doch QMBeauftragte des Bangkok Hospital zu QM-Veranstaltungen von Ärztekammern u.a. auch nach Hannover ein.
Auch Versicherungsunternehmen und medizinische Dienstleister aus Europa haben die Kompetenzen des Bangkok Hospital bereits zu schätzen gelernt und mancherorts denkt man bereits über Kooperationen nach.
Ethik
Oft wird das Argument vorgebracht, das Bangkok Hospital könne diesen „teuren Service“ nur aus dem Grunde anbieten, da die Personalkosten in Thailand so erheblich niedriger seien.
Tatsächlich liegen die Gesamtkosten für operative Eingriffe und andere Behandlungen etwa bei der Hälfte oder gar noch niedriger im Vergleich zu den Kosten hier vor Ort in Deutschland.
Aber mal Hand auf’s Herz, glauben Sie wirklich, ein thailändischer Mediziner, der seine Ausbildung in Boston/USA absolviert hat, würde in Bangkok für einen „Thai-Lohn“ arbeiten?
Auch würden die sehr gut ausgebildeten thailändischen Krankenschwestern bei „schlechter Bezahlung“ sicher nicht derart motiviert am Bangkok Hospital weiter arbeiten, sondern beispielsweise nach Deutschland auswandern, wo solche Fachkräfte händeringend gesucht werden. Selbst eine Reinigungskraft im Bangkok Hospital bekommt eine besondere Ausbildung und wenn sie nicht angemessen bezahlt werden würde, wäre sie sicher kurz nach der Ausbildung weg, um ein eigenes Ausbildungsunternehmen zu gründen.
Wie gut all diese „Zahnräder ineinandergreifen“ lässt sich zum Einen an der durchschnittlichen Liegedauer der stationären Patienten bemessen, zum Anderen an der hohen Anzahl von ambulanten Patienten.
Da das Bangkok Hospital 365 Tage im Jahr im Betrieb ist, berechnen wir doch einfach mal die Zahlen damit.
Im Jahr 2013 wurden im Bangkok Hospital insgesamt 841.930 Patienten behandelt, was durch 365 Tage eine durchschnittliche Zahl von 2.306 Patienten pro Tag ergibt.
Davon kamen 2.234 zur ambulanten Versorgung, sowie 72 zur stationären Aufnahme (pro Tag, wohlgemerkt!).
Die Liegedauer der 26.213 stationären Patienten im letzten Jahr, betrug damit durchschnittlich 7,5 Tage pro Patient.
In der Urologie der Klinik stellten sich im Jahr 2012 insgesamt 17.148 Patienten vor. Im vergangenen Jahr waren es 17.786, die sich in 9.900 Thailänder und 7.886 Ausländer aufteilten. Auf 365 Tage berechnet, sind das knapp 50 urologische Patienten pro Tag, von denen jeweils 20 Ausländer waren.
Luxus
Ja, den gibt es auch! Aber auch dieser ist durchdacht.
In Asien sind SAR- und Rettungsdienste anders organisiert. Besonders die SAR- und Rettungsflugeinsätze werden normalerweise von militärischen Einrichtungen wahrgenommen, da es noch kein flächendeckendes ziviles Luftrettungssystem gibt. Dennoch hat das Bangkok Hospital sich schon 2007 darauf eingestellt, einen eigenen Rettungshubschrauber angeschafft und auf dem Dach der Klinik eine Landeplattform bauen lassen. Die Landeplattform ist zwar aufgrund der Lage nicht optimal, aber dennoch ist sie funktional und keine Minusinvestition.
Warum? Der Helikopter ist geräumig, kann schnell umgebaut und als VIP-Transportmedium eingesetzt werden. Damit können so auch besondere Patienten, die keinen direkten Krankentransport benötigen, schnell und sicher befördert werden.
In einer Metropole wie Bangkok, wo der Straßenverkehr nahezu täglich ins Stocken kommt, hat das Bangkok Hospital aber auch pragmatische Lösungen gefunden. Ambulance-Motorräder mit Blaulicht und Sirene, sowie einer kompletten Wiederbelebungsausstattung und einer gut ausgebildeten Nurse oder einem Arzt auf dem Sozius, sind selbst beim dicksten Stau in Bangkok noch zeitnah am Zielort.
Problem
Warum ist es in Deutschland so schwierig geworden, für motivierte und gut ausgebildete Ärzte ein Privatleben-erlaubendes Gesundheitssystem bei angemessener Bezahlung zu gestalten?
Ich werde bei einer potentiell planbaren medizinischen Behandlung sicher nicht in Deutschland Hilfe suchen, schon aus Gründen der Entlastung der in Deutschland tätigen Ärzte – und meiner privaten Krankenversicherung wird das sogar sehr gefallen!
Wenn Sie sich nun fragen, was ich für diese „Werbung“ bekomme, muss ich Sie enttäuschen – dafür hat ein international agierendes Krankenhaus wie dieses, ganz andere Möglichkeiten.
Vielmehr muss ich mich immer wieder rechtfertigen, warum ich so viel Positives – gerade im Rahmen unserer Tätigkeit im medizinischen Qualitätsmanagement - über dieses Krankenhaus erzähle.
Dies liegt natürlich einfach daran, dass es ein Positivbeispiel ist und ich lieber von erfolgreichen Konzepten, die als Beispiel dienen können, berichte, als unprofessionell die zahlreichen Negativbeispiele anzuprangern.
Die Frage, welche sich aufdrängt, ist vielmehr, warum sich ein privates Krankenhaus in einem Land, das gerne noch den „Entwicklungsländern“ zugerechnet wird, etwas leisten kann, wovon wir bei uns - die wir doch in einem der höchstentwickelten Industrieländer der Welt leben - nur träumen können.
Auch wenn man bei den Personalkosten im Ganzen vielleicht etwas günstiger als bei uns davonkommt, die Infrastruktur unter tropischen Bedingungen sicherzustellen ist eher teurer als bei uns – und die Geräte sind dort auch nicht günstiger.
Auch die sicherlich vorhandene Patientenselektion muss man mit anderen Augen betrachten – denn die Patienten reisen für ihre Behandlung aus diversen Ländern extra hierher, wo andere ihren Urlaub verleben.
Ja, aus unserer heimischen Sicht klingt all dies viel zu gut, um wahr zu sein - doch die Zahlen sprechen für sich. Ein Beispiel, dass vielleicht sogar als Vorbild dienen kann, unser hiesiges Konzept des Krankenhausmanagements zu überdenken.
Wie nötig dies ist, wird wohl fast ein jeder bestätigen, der in letzter Zeit einmal als Patient oder auch Arzt im deutschen System „Medizin“ unterwegs war. Aber wie man sieht, gibt es für alle Probleme Lösungen, wenn man sich nur darauf einlässt, über den Tellerrand hinaus zu schauen.
Anscheinend sogar sehr lukrative …
(16.09.2014 - tho)